"Kanadas Westen"
Reise durch Britisch Kolumbien
Als ich vor Jahren den Film "Wie ein Schrei im Wind", gesehen habe, der das Trapperleben in der Wildnis
beschreibt, und dessen Außenaufnahmen in Britisch Kolumbien aufgenommen wurden, wusste ich, da komme ich auch
noch einmal hin. Nachdem ich im vorigen Jahr bereits eine Kanadareise mit dem DAV Summit Club gebucht hatte,
die aber wegen mangelnder Teilnehmerzahl nicht zustande kam, habe ich mich dieses Mal für den Veranstalter
Trails-Reisen entschieden. Es bedurfte auch keiner großen Überredungskunst, meinen Luxemburger Kollegen Aly
für die Reise zu begeistern, und schon war der Zeltpartner gefunden.
1. Tag Mittwoch
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Um die Mittagzeit treffe ich auf dem Frankfurter Flughafen ein und sehe am Schalter von Air Canada schon
jemand mit einem Rucksack mit Trails Gepäckanhänger stehen. Es ist Rosi aus Bayern, wie sich schnell
herausstellt. Die restlichen Reiseteilnehmer treffen wir dann am Abfluggate, als da wären, Lenore und
Karl-Heinz mit Sohn André aus Meiningen in Thüringen, Harald aus Steinfurt in Westfalen, Heidi mit Tochter
Eva aus Kaarst, Andrea und Anke aus Dresden, sowie schon erwähnt Aly, aus Luxemburg und ich aus Schlangenbad.
Man sieht, wir sind über die ganze Republik verteilt.
Nun kann es losgehen. In Calgary wird nur noch Matthias unser Reiseleiter zu uns stoßen. Der Flug verläuft
absolut ereignislos, wir haben genug Zeit, uns etwas näher kennen zu lernen. Wir kommen 15:45 Uhr Ortszeit
in Calgary an, bei uns zu Hause ist es allerdings schon 23:45 Uhr. Matthias hat einen Bus für 12 Personen
mitgebracht, das Gepäck wird auf dem Dach verladen, und dann geht es ins Hotel.
Wir machen noch kurz eine Besichtigung von Calgary, gehen gemeinsam Essen, haben unsere Vorstellungsrunde
und fallen gegen 22:00 Uhr, zu Hause ist es jetzt bereits 4:00 Uhr morgens, todmüde ins Bett.
2. Tag Donnerstag
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Nachdem sich jeder einen Platz im Bus gesucht hat, geht es durch die weiten Prärien Albertas Richtung Banff
am Eingang des gleichnamigen Nationalparks. Hier haben wir 2 Stunden Aufenthalt, nutzen diese zur
Stadtbesichtigung und vor allem zum Einkaufen der Verpflegung für die nächsten Tage. Harald ist dafür zum
Kassenwart ernannt worden, die Absprache, was gekocht werden soll, wird immer gemeinsam getroffen.
Weiter geht es auf dem Highway 1 durch den wunderschönen Banff Nationalpark. Unterwegs machen wir mehrfach
Halt, um Dickhornschafe, Präriehunde zu fotografieren oder einfach nur, um die Landschaft zu bewundern. Kurz
vor Lake Louise machen wir einen Abstecher zum Lake Moraine, der mit seinem türkisblauen Wasser vor den
Bergen ein Postkartenmotiv darstellt.
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Es sind auch kaum andere Touristen da, hier gefällt es uns, aber wir
fahren weiter zum weltberühmten Lake Louise mit dem ebenso bekannten Hotel. Hier treffen wir auf Massen
anderer Touristen, und auch der See ist nicht so schön, wie man es von "weltberühmt" erwartet.
Wir fahren weiter in den Yoho National Park zum Campingplatz an den Takakkaw Fällen. Leider ist dort kein
freier Platz mehr, und wir müssen auf einen Platz nahe an der Hauptstraße und in der Nähe einer
Eisenbahnlinie ausweichen. Es wird der unattraktivste Platz der ganzen Reise sein. So können wir wenigstens
zählen, dass die Züge bis zu 110 Waggons haben.
3. Tag Freitag
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Die Nacht war kurz, die Zeitumstellung macht sich doch bemerkbar, oder waren die schon früh verkehrenden
Züge schuld daran? Egal, heute geht es auf einer ganztägigen Wanderung an den 380 m hohen Takakkaw Fällen
vorbei durch das Yoho Valley zu den malerischen Twin Fällen, zu denen wir bis zur Abbruchkante hochsteigen.
Hier halten wir vor einer beeindruckenden Kulisse Mittagsrast.
Auf dem Iceline Trail geht es am Nachmittag zurück zum Parkplatz, doch nicht so rechtzeitig, dass uns nicht
noch ein kräftiger Regenschauer überraschen kann. Andrea und Anke lernen hierbei, dass ihre Rucksäcke nicht
wasserdicht sind.
Es folgt eine weitere Nacht auf dem Campingplatz. Dieses Mal schlafen wir besser. Man gewöhnt sich an alles.
4. Tag Samstag
Heute wird es ein reiner Fahrtag werden, aber durch welch eine Landschaft! Wir fahren über die "Traumstraße
der Welt" zuerst durch den Banff- dann durch den Jasper Nationalpark, halten am hundekopfförmigen Peyto
Lake, bewundern das Bow Valley und das Columbia Icefield und folgen dem Athabasca River bis Jasper. Nach
dem Besuch von Jasper geht es weiter in den Mount Robson Provincial Park. Unterwegs wird mehrfach
angehalten, um Schneeziegen und Wapitis zu fotografieren.
Wir campen am Fuß des Mount Robson direkt am Fraser River. Dieses Mal ist es ein Super Camping Platz, es
gibt sogar Duschen, dafür keine Moskitos, was wollen wir mehr? Wir werden hier zwei Nächte bleiben. Heute
kocht Heidi, es gibt Paprika - Gemüsepfanne. Das mit dem Kochen ist kein Problem. Es stellt sich schnell
heraus, wer was kann, und da jeder mithilft, kostet es auch nicht so viel Zeit.
5. Tag Sonntag
Wir werden heute eine ganztägige Wanderung am Mount Robson machen, der mit 3.954 m der höchste Berg der
kanadischen Rockys ist. Wir wandern auf dem Berg Lake Trail in das Tal der 1.000 Wasserfälle. Da wir auf
dem gleichen Weg zurück müssen, besteht Matthias nicht auf Gruppenwanderung, Einzelwanderung will er aber
auch nicht. So wandern wir in mehrere Grüppchen aufgeteilt.
Wer die komplette Strecke gehen will, hat stolze 45 km vor sich. Anfangs geht es durch wunderbaren Küstenurwald, wir erreichen den Kinney Lake, und nach
Überquerung einer Hängebrücke steigen wir über die White Falls zu den Emperor Falls auf.
Hier werden bis auf unsere Thüringer, - sie sind bis zum Berg Lake voraus - alle anderen von einem Gewitter überrascht.
Doch schaffen es alle, noch einigermaßen trocken zu einer Unterstandshütte zu kommen. Nachdem sich das
Gewitter verzogen hat, geht es trockenen Fußes zurück. Auch so haben wir am Ende des Tages 31 km
zurückgelegt.
6. Tag Montag
Heute haben wir die Zelte abzubauen und das Gepäck zu verladen. Wir wechseln das Gebiet und werden
westwärts fahren. Matthias verspricht uns von jetzt an nur noch Superwetter. Er sollte es wissen, denn
er wohnt seit ein paar Jahren in Britisch Kolumbien.
Ich muss sagen, mir haben die weltberühmten Parks gut gefallen, doch die unberührte Natur, wie man sich
das vorstellt, war es nicht. Sie sind einfach zu touristisch erschlossen. Doch das soll die nächsten
Tage anders werden.
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Wir fahren über den Yellow South Highway bis Clearwater und machen hier einen Abstecher in den Wells
Gray Provincial Park, wo wir eine sehr schöne Wanderung zu dem Helmcken Fall einstreuen. Hier könnte
man bleiben, hier gefällt es uns. Doch wir fahren weiter bis Williams Lake, um unsere Vorräte auffüllen.
Es gibt hier mehrere große Einkaufszentren. Anschließend geht es noch auf den Springhouse Campingplatz
in der Nähe von Williamslake. Dies ist eine Farm mit Pferden, die deutschen Einwanderern gehört. Man
merkt es irgendwie, es gibt Duschen und Waschmaschinen, alles ist sehr aufgeräumt, es gibt Schilder, was
man nicht darf, irgendwie deutsch.
Ein Teil der Gruppe nutzt die Gelegenheit zu einem Reitausflug, die anderen halten Waschtag. Heute kochen
wir nicht. Wir haben beschlossen, auf der Terrasse der Campingplatzgaststätte zu speisen. Es schmeckt
auch gut, aber als wir die hohen Preise bezahlen, wissen wir, morgen kochen wir wieder selbst. Wir werden
hier auch zwei Tage bleiben.
7. Tag Dienstag
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Bis auf Harald haben alle für heute eine Rafting Tour auf dem Chilkotin River gebucht. Wir fahren nach
Hanksville zur Agentur, von wo aus es mit einem Bus zum Startpunkt geht. Nach kurzer Einweisung bekommt
jeder seinen Platz zugewiesen und ein Paddel in die Hand und dann geht es los. Anfangs ruhig, dann
stürmischer bis stürmisch lassen wir danach in ruhigerem Wasser die Landschaft an uns vorbeiziehen. Den
versprochenen Bären sehen wir zwar nicht, dafür aber sehr viele wunderschöne Weißkopfseeadler. Nach
einem Mittagslunch auf einer Kiesbank gilt es, die restlichen der insgesamt 42 km in Angriff zu nehmen.
Bald merken wir, dass unser Schlauchboot immer tiefer im Wasser liegt. Es verliert Luft, und so müssen
wir anlanden und Luft nachpumpen. Aber schließlich erreichen wir doch den Endpunkt, ohne schwimmen zu müssen. Nur
André war unterwegs an einer Stromschnelle aus dem Boot gefallen. Aber Aly hat ihn an der Schwimmweste
gepackt und wieder ins Boot gezogen.
Was wir nicht beachtet haben, durch die Kühle des Wassers und den ständigen Wind, haben wir nicht
gemerkt, wie uns die Sonne verbrannt hat. Matthias Wettervorhersage hat gestimmt.
8. Tag Mittwoch
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Heute geht es weiter Richtung Westen. Wir wollen bis in den Tweeds Muir Provincial Park. Vorher geht es
aber noch zu Kanadas höchsten Sanddünen oberhalb des Chilcotin Rivers. Auf einer zweistündigen Wanderung
staunen wir, dass es so was hier gibt, wo wir doch eigentlich nur Wasser und Wald erwartet haben. Aber
die zentrale Hochfläche Britisch Kolumbiens ist teilweise sehr trocken, da die Coast Mountains die
Regenwolken abhalten.
Als wir den Park erreichen, hat sich die Landschaft wieder geändert. Hier gibt es Berge, Seen,
Hochplateaus, Wälder, ganz wie man sich Kanada vorstellt. Auf dem Campingplatz in Atnarko erleben wir
beim Zeltaufbau den ersten Moskitoüberfall auf uns, was mich zwingt, meinen selbst gemixten
Knoblauchessigextrakt auszuprobieren. Von nun an werde ich gemieden, weniger von den Moskitos, eher von
dem Rest der Gruppe.
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Hier soll es Bären geben. Wir bekommen Verhaltensregeln von Matthias und ich zusätzlich noch eine Patrone
Pfefferspray. Wenn ich mir vorstelle, ich soll das Zeug aus dem Halfter nehmen, entsichern, warten bis
der Bär 2,50 m entfernt ist, auf die Augen zielen und dann abdrücken. Ich weiß nicht, ob das was wird.
Wir machen heute Nachmittag noch einen Spaziergang. Als wir auf die ersten frischen Bärenspuren im
Ufersand treffen, befiehlt Matthias den sofortigen Rückzug. In der anschließenden Hektik laufen wir durch
ein Erdwespennest - große Aufregung - drei von uns werden gestochen, darunter Aly in den Daumen. Als wir
wieder auf dem Campingplatz sind, wird es Aly schlecht, und er fällt in Ohnmacht. Anke - als Bademeisterin -
weiß als einzige, was wirklich zu tun ist, und Aly kommt wieder zu sich. Als wir ihn ins Zelt legen,
stellen wir fest, dass er von der Hüfte bis zu den Füßen wie mit einem Netz von kleinen Blasen überzogen
ist. Es sieht aus, als wäre er in Brennnesseln gefallen. Zum Glück klingt die allergische Reaktion bis zum
nächsten Morgen ab. Das hätte auch schlimmer ausgehen können.
9. Tag Donnerstag
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Wir machen heute eine Tageswanderung in die Rainbow Range. Es ist dies eine sehr schöne Hochebene mit
vielen kleinen Seen, Felsgelände, das mit wunderschönen Almmatten aufgelockert ist. Überhaupt, die
Blumenpracht ist fantastisch, die Aussicht auf die Coast Mountains, die uns noch vom Pazifik trennen,
auch. Die Mittagsrast wird heute etwas kürzer, der Mücken wegen. Komisch, beim Laufen sind sie nicht da,
aber wehe, wenn man stehen bleibt!
Am Nachmittag fahren wir noch nach Bella Coola an den Burke Channel. Es ist dies ein Fjord, der direkt
zum offenen Pazifik führt. Hier soll es in den einmündenden Bächen ziehende Lachse geben. Nachdem wir am
Hafen Auskunft eingeholt haben, gibt es nichts mehr zu halten. Matthias möchte das Abendessen sichern.
Und tatsächlich, vor einer Steilstufe schwimmt ein großer Schwarm Lachse. Matthias schnitzt aus Holz
Speere, und es kann losgehen. Man glaubt nicht, wie schlau die Tiere sind, und wie gut sie auf Geräusche
und Bewegungen außerhalb des Wassers reagieren. Außer, dass Matthias ins Wasser fällt, kommt bei der Jagd
nichts heraus. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als in ein Dorf zu fahren, und dort einen großen Lachs
zu kaufen. Er wird dann auf dem Grill zubereitet. Es ist der beste Lachs, den ich je gegessen habe. Zu
erwähnen ist noch, dass sich bei dem allabendlichen Kochen herausgestellt hat, dass Matthias mal in
Deutschland eine Gaststätte besaß, und er wie ein Chefkoch kochen kann.
10. Tag Freitag
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Wir packen zusammen und fahren zum Nimpo Lake ein Stück ins Landesinnere zurück. Hier gibt es einen
Flughafen für Wasserflugzeuge. Wir werden auf zwei Flugzeuge aufgeteilt und sollen für drei Tage in
die Wildnis geflogen werden. Man darf nur eine bestimmte Menge an Gepäck mitnehmen, und da auch die
ganze Verpflegung dazugehört, heißt es, sich sehr einzuschränken. Das Gepäck wird am Landesteg gewogen.
Aly hat aber schnell herausgefunden, dass die Personen nicht gewogen werden, und füllt sich seinen
Pullover mit diversen Getränken, die Arme werden zugebunden, und um den Bauch herum gibt es eine Schnur,
fertig ist der wandelnde Getränkeautomat. Beim Start meint man, die Maschine schafft es nicht, vom
Wasser hochzukommen.
Der Flug führt anfangs über Waldgebiet mit riesigen Kahlschlagflächen. Es gibt Untersuchungen, die
sagen, in Kanada gäbe es in 20 Jahren außerhalb der Schutzgebiete keinen Wald mehr. Es ist unglaublich,
wie hier Holz gefällt wird, nur mit Kahlschlag. Ein Gesetz zur Wiederaufforstung gibt es erst seit ein
paar Jahren. Aber es werden nur artenreine Plantagewälder aufgeforstet. Die werden dann aus der Luft
gedüngt und gegen Schädlingsbefall bespritzt, was zur Verunreinigung der Gewässer führt, und auch zu
einem Fischrückgang.
Nach etwas über einer Stunde Flugzeit erreichen wir den Tweedmuir Provincial Park. Hier sieht man, wie schön
unberührte Natur ist. Wir landen am Coles Lake, einem 20 km langen See, an dem es an jedem Ende nur eine
kleine Hütte gibt.
Der See liegt wunderschön in dunklen Nadelwäldern eingebettet und von schneebedeckten
Bergen umgeben in völliger Einsamkeit. Für uns sind bereits Zelte aufgebaut, sodass wir
nach kurzer Einweisung gleich die Kanus ausprobieren. Nach ein paar Minuten klappt es vorzüglich,
und wir genießen die Ruhe.
Den Abend verbringen wir am Feuer sitzend, lassen die wunderschönen Lichtverhältnisse auf uns
wirken und sind reihum der Meinung, das ist Urlaub!!
11.Tag Samstag
Heute wollen wir durch den Urwald zu den Bergen aufsteigen. Ein Guide, der das Camp am anderen Ende des
Sees beaufsichtigt, stößt zu uns. Er soll uns führen. Es geht anfangs steil aufwärts, bis wir in etwas
offenerem Gelände auf Karibus treffen. Nun beginnt das Reich der Blumenwiesen. Aber was für welche, so
einen Blütenreichtum habe ich auf all meinen vielen Reisen noch nirgends angetroffen. Wir sind begeistert.
Weiter geht es bis zur Schneegrenze. Als wir nachmittags das Camp erreichen, sind alle verschwitzt, müde
und wollen sich ausruhen. Nur Andrea und ich meinen, ausruhen kann man sich auch noch zu Hause, und so
nehmen wir uns ein Kanu und erkunden den See.
Als wir zurück kommen, hat Rosi drei Forellen geangelt. Dies wird unser Abendessen bereichern. Der Rest
des Tages: siehe unter Vortag. Es könnt auf der Welt irgendwo ein Krieg ausbrechen, wir würden davon
nichts mitbekommen.
12. Tag Sonntag
Aufbruch zur großen Kanutour. Wir wollen das Lager am anderen Ende des Sees besuchen. Der Himmel ist zwar
bedeckt, aber es ist warm, Wind gibt es auch keinen, sodass das Paddeln ein Genuss ist. Als wir am
anderen Lager ankommen, ist niemand anwesend. Wir halten Mittagsrast und machen uns dann auf den
Rückweg - nun gegen die leichte Strömung - aber auch das stellt kein Problem dar. Wir haben ja Zeit,
es gibt keine Uhr, die uns irgendetwas diktiert.
13. Tag Montag
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Wir sollen heute gegen Mittag schon wieder von unseren Flugzeugen abgeholt werden. Alle sind traurig,
hier wären wir gerne noch länger geblieben. Den Vormittag nutzen die meisten zum Sonnenbaden, nur Harald,
Eva, Andrea und ich meinen, das kann man auch während einer Kanufahrt.
Der Rückflug wird dieses Mal vom Piloten zu einer Sightseeing Tour über den Tweedsmuir Park ausgedehnt.
Es ist fantastisch, die Berge, Gletscher, Wälder und Seenlandschaft aus der Luft zu sehen. Die
Parkgrenze erkennen wir sofort wieder - es ist alles abgeholzt -.
Nach der Landung geht es mit dem Bus noch 1 ½ Stunden zum Zeltplatz am Tatlayoko Lake in den Potato
Mountains. Dies ist eine Gegend, die vorzugsweise von Deutschen und Schweizern bewohnt ist. Hier in der
Nähe hat auch Andreas sein Haus, und wir sind zum Abendessen bei ihm eingeladen. Wir dürfen auch seine
Dusche und Waschmaschine benutzen - ein, wie ich denke, außergewöhnlicher Service eines Reiseleiters -.
Als wir im Dunkeln auf den Campingplatz zurückkehren, wundern wir uns im Schein der Taschenlampen beim
Wäscheaufhängen, was wir da aufhängen. Kinderwäsche! Wir haben den Wäschekorb vertauscht, und müssen
übermorgen noch einmal zu Andreas zurück.
14. Tag Dienstag
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Laut Reiseausschreibung gibt es heute einen Aufstieg zu einem kleinen See in den Potato Mountains und
anschließend den selben Weg zurück. Als wir dann den See erreichen, will keiner den gleichen Weg zurück.
Laut Karte müsste es auch über den Höhenrücken entlang durch ein weiteres Tal wieder zum Tatlayoko Lake gehen. Wir beschließen, es zu versuchen. Unterwegs finden wir eine ganze Menge versteinerter Muscheln und Schnecken. Matthias wird langsam unruhig, das Tal will und will nicht kommen. Wir beschließen einstimmig, - wohl nicht alle wissend, oder auch nur ahnend, was auf uns zukommen könnte - den nächsten
nach unten führenden Einschnitt zu nehmen.
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Nun beginnt eine Survival Tour, wie wir sie uns im Traum nicht vorgestellt haben. Das Tal verengt sich
nach einiger Zeit. Es wird immer steiler. Wir haben einige Felspartien kletternd abzusteigen. Ein Wunder
das nichts passiert. Der Einschnitt wird so eng, dass man sich nur noch im Bachbett fortbewegen kann. Der
Bewuchs wird immer stärker, wir können nur ein paar Meter voraussehen. Dann wird das Geräusch des Baches
lauter. Wir stehen oberhalb eines kleinen Wasserfalls. Rechts und links gibt es kein Durchkommen, umkehren
geht auch nicht mehr. Es hilft alles nichts, wir müssen irgendwie nach unten klettern. Matthias stürzt
beim Hilfestellung geben auch noch 2 m tief in den Bach; zum Glück passiert ihm nichts. Weiter geht es
jetzt am steilen Hang entlang und dann durch den Urwald, ohne Pfad oder Weg. Heidi kann kaum noch. Als
wir schließlich das Auto erreichen, haben wir 12 Stunden reine Gehzeit in diesem Gelände hinter uns.
Es wird uns erst im Nachhinein bewusst, was wir ein Glück hatten, dass hier nichts passiert ist, aber
auch, was wir für eine klasse Truppe sind. Keiner hat geschimpft oder sich beschwert. Jeder hat auf den
Schwächeren Rücksicht genommen, super!
15. Tag Mittwoch
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Obwohl wir heute eine weite Strecke mit dem Auto zurückzulegen haben, müssen wir erst noch einen Umweg
zu Matthias machen, des Wäscheumtauschs wegen. Dann geht es zurück nach Williams Lake, ohne dort
anzuhalten, und weiter direkt nach Süden. Wir halten noch am Fraser Canyon, der sich hier durch eine
wüstenhafte Landschaft schneidet. Nach einem langen Fahrtag, zum Teil über nicht asphaltierte sehr
staubige Pisten - das Auto ist nicht staubdicht - erreichen wir den Campingplatz am Kelly Lake.
In Anbetracht des glücklichen Ausgangs des Abenteuers vom Vortag werden heute Abend einige Flaschen
Wein geleert.
16. Tag Donnerstag
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Hätte Matthias nicht so viel Wein getrunken, hätte er den großen Haufen Rindenschnitzel vor sich gesehen und den Wagen nicht festgefahren. So aber heißt es heute nach nur zwei Metern Fahrtstrecke, erst mal das
Auto freischaufeln.
Dann geht es über den Duffy Lake zum Mt. Matier. Hier machen wir eine Wanderung über den First, den
Second, zum Upper Joffre Lake in wunderschöner Lage unterhalb des Mt. Matiers. Nach den Fahrzeiten von
gestern und heute haben uns die drei Stunden Wanderzeit gut getan.
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Weiter geht es zum Touristenzentrum Whistler. Hier hat ein ehemaliger Koch aus Matthias deutschem Restaurant
eine eigene Gaststätte, und es versteht sich, dass wir hier zu Abend essen werden. Vorher können wir aber
noch Whistler besuchen. Whistler gab es 1970 noch gar nicht. Heute kommt man sich vor wie in St. Moritz,
Zermatt oder ähnlichen mondänen Touristenhochburgen auf der Welt.
Da das Abendessen länger gedauert hat, kommen wir erst im Dunkeln auf unserem heutigen Campingplatz an,
das heißt, wir müssen ihn im Dunkeln erst suchen, und können dann auch nur ahnen, wo wir ohne Beleuchtung
die Zelte aufbauen. Zu allem Überfluss fängt es auch noch leicht zu regnen an. Es ist dies der erste Regen
seit dem 5. Reisetag.
Mitten in der Nacht sind wir alle schlagartig wach. Es ist, als sei ein Zug mitten durchs Zelt gefahren.
Morgens werden wir feststellen, dass wir unsere Zelte keine 20 Meter von einer Bahnlinie entfernt
aufgebaut haben. Der Bus steht sogar nur 5 Meter von ihr entfernt.
17. Tag Freitag
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Morgens geht es zur Horseshoe Bay kurz vor Vancouver. Hier nehmen wir die Fähre nach Nanaimo auf Vancouver
Island. Es ist schon interessant, das letzte Mal auf dem Wasser hatten wir noch das Kanu benutzt.
Mit dem Van geht es weiter zur Westküste, wo wir auf dem Campingplatz am French Beach die Zelte aufschlagen.
Wir befinden uns hier im Gebiet des pazifischen Regenwaldes, und man merkt es deutlich, überall tropft
es, und die Luft ist sehr feucht. Ein Teil der Gruppe fährt noch in den nächsten Ort, um Fisch einzukaufen.
Wir anderen machen noch eine Strandwanderung. Abends kocht Matthias frischen Fisch, einfach klasse.
18. Tag Samstag
Heute wollen wir einen Teil des Juan de Fuca Trails wandern. Er gilt als einer der schönsten Wanderwege
der Insel und führt durch wirklichen Urwald direkt an und über der Küste entlang. Hier ist alles
überdimensioniert, die Bäume, die Farne und die Krautschicht, riesige Baumpilze, es ist einfach großartig,
auch wenn das Wetter diesig ist, und es zeitweise nieselt. Ich sehe meinen ersten Seeotter, Wale sehen
wir leider nicht. Auf halber Strecke müssen wir umkehren, sonst wird es zu weit wegen des Autos. Matthias
macht den Vorschlag, er würde zurücklaufen und das Auto holen, wir könnten noch ein Stück weiter gehen
und dann querwaldein zur parallel verlaufenden Straße aufsteigen. Nach den Erfahrungen vom letzten
Dienstag lehnen wir dankend ab.
Heute Abend müssen wir eine Plastikplane über unseren Essensplatz spannen. Es regnet zwar nicht, aber
es tropft von allen Bäumen.
19. Tag Sonntag
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Es geht nach Victoria der Inselhauptstadt. Zuerst besuchen wir China Town. Dann mache ich mit Aly
einen Stadtbummel. Wir treffen uns erst wieder zur Mittagszeit am Hafen, wenn es zum Whalewatching geht.
Es ist richtig was los am Sonntag in Victoria. Heute finden die Drachenbootmeisterschaften von Britisch
Kolumbien statt. Ansonsten fühle ich mich in Victoria nach England versetzt. Rote Doppeldeckerbusse,
Häuser im viktorianischen Stil, nur alles ist irgendwie gelöster, offener und außerdem regnet es nicht.
Um die Mittagszeit werden wir dann alle in seetaugliche Overalls gepackt, und dann geht es mit einem
großen Schlauchboot, das von zwei japanischen Außenbordmotoren - sie machen einen höllischen Lärm -
angetrieben wird, hinaus auf See zur Walbeobachtung. Zuerst fahren wir zwei Felsinseln an, auf denen
sich Kolonien pazifischer und kalifornischer Seelöwen befinden.
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Es ist sehr interessant, die Tiere zu beobachten, und es kostet wieder mal einiges an Filmmaterial. Allerdings muss ich ständig überlegen, was stinkt hier eigentlich mehr, die Abgase der Bootsmotoren oder die Seelöwen? Unglaublich, wie die stinken. Dann kreuzen wir vor der Küste hin und her auf der Suche nach einem Wal. Und tatsächlich, über Funk wird unser Bootsführer verständigt, wo ein Grauwal sein soll. Nichts wie hin, und dann beginnen die Versuche, das immer nur kurz auftauchende Tier auf Zelluloid zu bannen. Ich hätte nicht gedacht, wie schwer das ist. Irgendwie haben wir vom Whalewatching mehr erwartet.
Anschließend geht es für eine weitere Nacht auf unserem feuchten Campingplatz zurück.
20. Tag Montag
Heute heißt es Großreinemachen. Die Zelte werden zum letzten Mal abgebaut, generalgereinigt und auch die
Küchenausrüstung wird wieder in den Ausgangszustand zurückgebracht.
Anschließend fahren wir nach Sydney und nehmen die Fähre nach Vancouver. Es ist eine sehr schöne Überfahrt durch die Inselwelt der Gulf Islands: Bei Superwetter erreichen wir Vancouver, fahren direkt ins Hotel -
um die Duschen auszuprobieren. - Anschließend fahren wir zur Stadtbesichtigung - Stanley Park, Hafen,
Expo-Gelände, und dann geht es zu Fuß nach Downtown. Vancouver wird nicht umsonst zusammen mit Sydney
und San Francisco als eine der schönsten Städte der Welt bezeichnet. Zumindest von der Lage her stimmt
es.
Von Skifahren, über Schwimmen, Surfen, und Segeln bis zum Stadtbummel oder einer Wanderung im einzigen
Urwald innerhalb einer Stadt kann mal alles an einem Tag machen.
Am Abend gehen wir in ein Fischlokal zum Abschiedsessen, und es erfolgt dort auch unser Dank an Matthias,
der ein Superreiseleiter war. Später fährt er uns dann noch Richtung Mt. Seymour, von wo aus wir einen
fantastischen Blick über das Lichtermeer der Stadt haben.
21. Tag Dienstag
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Da unser Rückflug erst um 16:45 Uhr stattfindet, können wir noch einen halben Tag in Vancouver verbringen.
Wir beschließen, an den Hafen zu fahren, wo es ein großes Viertel gibt, mit Kunsthandwerk und lauter für
Amerika untypischen kleinen Geschäften. Wir nutzen die Gelegenheit, ein paar Geschenke zu kaufen. Ich
erstehe dort noch Lachs, der fluggerecht verpackt, mit nach Hause genommen wird.
Gegen Mittag heißt es von Heidi und Eva Abschied nehmen. Sie bleiben noch eine Woche in Vancouver und
wollen auch noch nach Seattle in die USA. Wir anderen fahren zum Flughafen, und es heißt, sich von
Matthias zu verabschieden. Dann geht es mit Lufthansa direkt nach Frankfurt.
22. Tag Mittwoch
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Um kurz vor 11:00 Uhr erreichen wir pünktlich Frankfurt, wo der Rest der Gruppe sich nun auch auflöst. Es
ist schon ein komisches Gefühl, denn die drei Wochen haben die Gruppe zusammengeschweißt.
Fazit: Wir hatten einen Superurlaub in einem wunderschönen Land, dessen Höhepunkt zweifellos die drei
Tage in der Wildnis am Coles Lake waren. Die weltbekannten Nationalparks am Beginn der Reise sind sicher
sehenswert, aber halten keinen Vergleich mit den unberührten Gebieten im Westen aus. Trails Reisen bietet
auch einen reinen Urlaub auf einer ähnlichen, allerdings mit etwas mehr Komfort ausgerüsteter Wildnislodge
an. Vielleicht werde ich das ausprobieren, wenn ich noch einmal nach Kanada komme, und ich glaube, dies
wird nicht der letzte Besuch gewesen sein.
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