Kasachstan / Kirgistan
"Trekking im Alatau - Gebirge"
Eigentlich habe ich für dieses Jahr eine Reise nach Britisch Kolumbien in Kanada gebucht. Doch drei Wochen
vor Startbeginn wird die Reise wegen mangelnder Teilnehmerzahlen vom DAV
Summit Club abgesagt. Nun heißt es,
schnell ein neues Reiseziel suchen.
Bei den letzten beiden Trekker-Treffen des Summit Club in Berchtesgaden war mir jeweils ein Diavortrag über
das Alatau-Gebirge sehr stark in Erinnerung geblieben. Und da ich schon immer mal nach Zentralasien wollte,
habe ich kurzentschlossen umgebucht.
1.Tag Donnerstag
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So kommt es, dass ich am 26. August auf dem Frankfurter Flughafen beim Einchecken am
Austrian Airlines Schalter von Gunnar aus Gütersloh angesprochen werde. Wir haben uns aufgrund der
Teilnehmerliste hier verabredet, da außer uns niemand von Frankfurt aus startet. Der Rest der Gruppe soll bei
einem Zwischenstopp in Wien zu uns stoßen.
Wir fliegen pünktlich ab und erreichen am späten Vormittag Wien. Am Gate für den Weiterflug nach Almaty
mustern wir die anderen Fluggäste; wer gehört wohl noch zur Gruppe? Beim Blick auf die Füße werden wir schnell
fündig. Wer trägt schon Trekkingschuhe im Flugzeug? So stellt sich schnell heraus, dass wir insgesamt zu
sechst sind, als da wären, Gabriele und Johann, beide Forstbeamte aus Bayern, sowie Christoph,
Bankangestellter aus Kaufbeuren - schon wieder ein Bayer - der Rest kommt aus Westfalen, Dietrich ist
Kieferchirurg aus Paderborn und Gunnar kommt aus Gütersloh. Mit mir aus Schlangenbad in Hessen wird die
Verbindung zwischen Westfalen und Bayern hergestellt. Der Reiseleiter trifft erst in Almaty zu uns. Der
Weiterflug nach Almaty verläuft ruhig, wir lernen uns etwas näher kennen und wundern uns, dass der Flieger so
leer ist. Auf unsere Nachfrage erklärt die Stewardess, das sei nur in dieser Richtung so, nach Deutschland sei
der Flieger voll, zurück nach Almaty würden die alle mit Autos fahren. Darauf kommen wir beim Rückflug noch einmal zu
sprechen.
2. Tag Freitag
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Gegen 1:00 Uhr nachts erreichen wir Almaty. Im Flughafengebäude ist es vor Hitze kaum auszuhalten. Und wenn
wir die Schlangen vor den Einreiseschaltern sehen, wird uns auch nicht besser. So ist zu verstehen, dass uns
diverse "Hilfskräfte" (ich bin ein Verwandter vom offiziellen Einreisebeamten) ihre Dienste anbieten, um uns
gegen Bezahlung von 100 US$ an den Schlangen vorbeizulotsen. Wir lehnen ab und schaffen es auch irgendwie so
durchzukommen, um vor dem Flughafengebäude unsere Reiseleiter Yermek und seine Frau Gulmira - beide Kasachen,
die am Goetheinstitut deutsch studiert haben -, zu treffen.
Nachdem das Gepäck verladen ist, geht es mit einem Kleinbus in die Innenstadt in ein typisches Ostblock
Großhotel. Nach einer kurzen Lagebesprechung fallen wir todmüde in die Betten. Da wir wegen der großen Hitze
die Fenster offen lassen, brauchen wir uns um den Weckdienst keine Sorgen zu machen. Ich hätte nie gedacht,
dass Almaty so viele Hunde besitzt, die auch alle bellen können.
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Am Vormittag besichtigen wir zu Fuß ein paar Sehenswürdigkeiten von Almaty: Zenkov Kathedrale, Panvilov -
Denkmal und die Fußgängerzone, wo wir etwas Geld umtauschen -viel Geld werden wir auf dieser Reise nicht mehr brauchen -.
Gegen Mittag sind wir froh, dass wir die unglaubliche Hitze der Stadt mit einem Kleinbus hinter uns lassen
können. Es geht ab in die Berge, wo das Trekking beginnt. Am Almaty-See auf 2500 m treffen wir auf die
Begleitmannschaft mit den Pferden und unserer Köchin Olga. Bevor es losgeht, kommt noch einer aus einem Jeep
auf uns zu. Es stellt sich heraus, dass es der Asienvertreter von Wrigleys Chewing Gum ist. Er kommt aus
Deutschland und kann nicht verstehen, wie man zu Fuß über das Gebirge laufen will. Dann geht es los, wir haben noch zwei Stunden bis zum ersten Lagerplatz zu laufen.
Es ist eine richtige Komfortreise, die Zelte sind aufgebaut, das Abendessen gekocht, und beim Abwasch brauchen
wir auch nicht zu helfen. So haben wir Zeit für uns und kriechen recht früh in die Zelte.
3. Tag Samstag
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Gegen morgen werde ich vom Prasseln über mir geweckt. Es regnet, sollte das schöne Wetter vorbei sein?
Entsprechend ist die Stimmung beim Frühstück etwas getrübt. Wir laufen den ganzen Vormittag bei leichtem Regen
immer aufwärts und erreichen am frühen Nachmittag den Orsjorni Pass auf 3.520 m Höhe. Das Lager ist bereits
aufgebaut, es hat aufgehört zu regnen, die Sonne kommt heraus, und die Stimmung wird immer besser. Nach 6
Stunden Gehzeit bleibt noch genügend Zeit, die nähere Umgebung zu erkunden.
4.Tag Sonntag
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Als wir am nächsten Morgen wach werden, sind die Zelte mit einer dünnen Eisschicht bedeckt. Bei der
Morgentoilette merken wir, wie kalt Wasser sein kann. Beim Aufbruch wird der teils zugefrorene Bach mit Hilfe
der Packpferde, die als Reitpferde umfunktioniert werden, überwunden.
Die Sonne am wolkenlosen Himmel lässt es aber schnell warm, wärmer, sehr warm werden. Heute ist ein Traumtag.
Mit Blick auf die eisgepanzerten Gipfel des Kjungej Alatau nähern wir uns dem Tschon-Kemin Fluss. Es ist dies
ein noch völlig unberührt dahin rauschender Gebirgsfluss in einer vollkommen sich selbst überlassenen
Landschaft. Die Weite ist unheimlich beeindruckend. Wir laufen über Wiesen, die mit Edelweiß und Enzian nur so
überfüllt sind, und haben auch unsere ersten Bachüberquerungen - Schuhe, Strümpfe, Hosen aus und irgendwie
hinüber, ohne zu stürzen. - Die letzte Überquerung an diesem Tag, der Tschon-Kemin, ist nur mit
Hilfe der Pferde zu schaffen. An unserem Lagerplatz finden wir die ersten Steinbockhörner, was Yermek von nun
an nicht mehr ruhen lässt, nur noch mit seinem Fernglas nach den Besitzern Ausschau zu halten.
Während des Abendessens gibt es noch ein kurzes Gewitter mit wunderschönem Regenbogen, und alles stürzt zu den
Fotoapparaten. Hier werden wir noch eine weitere Nacht bleiben.
5. Tag Montag
Es regnet morgens leicht, sodass wir mit zwei Stunden Verspätung - aber heute ist ja Ruhetag - zum Shassyl
Kul See aufbrechen. Dieser See liegt in einer Talsenke und hat eine unglaublich intensive Blaufärbung. Wir
schätzen die Wassertemperatur auf vielleicht 8°, was aber Dieter nicht abhält, ein - wenn auch kurzes -
Bad zu nehmen. Mit der Geschwindigkeit, wie er krault, hätte er an jedem Wettkampf teilnehmen
können.
Nachmittags machen wir noch eine Erstbegehung auf einen der vielen unbenannten 3000er, die um das Lager
stehen, das wir gerade noch rechtzeitig erreichen, bevor wieder ein Gewitter losbricht.
6. Tag Dienstag
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Der nächste Morgen: Es hat auf den umliegenden Bergen Neuschnee gegeben, die Sonne scheint, es kann losgehen.
Aber erst wollen wir noch eine gute Tat vollbringen. Wir waren nicht die Ersten an diesem Lagerplatz. Man
sieht es an dem Müllhaufen nicht weit von den Zelten. Wir beschließen ihn zu verbrennen und die Reste zu
vergraben, bevor es weitergeht.
Heute wandern wir durch ein wunderschönes Tal immer leicht ansteigend Richtung Ak-Suu Gletscher. Die Farben
lassen erkennen, dass der Sommer sich dem Ende zuneigt. Nach gut fünf Stunden wird der nächste Lagerplatz auf
3.200 m Höhe erreicht. Es ist angenehm warm, sodass wir im Freien auf Camping Stühlen an einer gedeckten
Tafel Kaffee (äh sprich Tee) trinken können. Apropos Tee, es wird das einzige sein, was ich am Ende der Reise
vorerst nicht mehr sehen will, jeden Tag morgens, abends und tagsüber in der Getränkeflasche Tee aus Liptons Teebeutel.
Abends kocht Olga, im normalen Beruf Lehrerin, wieder für uns. Es ist unglaublich, was sie bei diesen
beschränkten Verhältnissen zaubert.
Wir verkriechen uns früh in die Zelte. Morgen wird ein harter Tag.
7. Tag Mittwoch
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Heute ist frühes Wecken mit dem obligatorischen Tee (morgens tut es ja gut, einen heißen Pott Tee ins Zelt
gereicht zu bekommen, sogar wenn es wieder der Lipton Tee ist.) Nach Katzenwäsche im Gletscherbach und
anschließendem Frühstück geht es mehrere Stunden über den Ak-Su Gletscher immer stetig aufwärts. Auch die
Packpferde müssen diesen Weg nehmen, was dazu führt, dass ein Pferd mit den Hinterbeinen in eine Spalte
rutscht und hängen bleibt. Es wird von der Begleitmannschaft mit Stricken wieder herausgezogen und hat sich
zum Glück nichts getan. Nach zwei Stunden wird der Gletscher über die Seitenmoräne verlassen, und es geht in
sehr lockerem Erdreich immer höher zum Gregorij Pass auf 4.052 m. Man merkt jetzt die Höhe doch ganz schön
beim Atmen. Bis jetzt war das Wetter trocken, aber die Gipfel von Wolken bedeckt. Das ändert sich ab dem Pass,
der auch die Grenze zu Kirgistan bildet, schlagartig. Innerhalb weniger Meter wechselt das Wetter
auf stahlblauen Himmel und wir haben eine grandiose Aussicht auf die Gipfel des Alatau.
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Von nun an geht es nur noch bergab, und nach insgesamt sieben Stunden Gehzeit erreichen wir unseren
Lagerplatz. Er liegt mit einer wunderbaren Aussicht versehen in einem Hochtal auf 3.000 m Höhe. Am Nachmittag
kommen noch ein paar kirgisische Jäger auf ihren Pferden vorbei und schenken der Mannschaft noch ein
Murmeltier. Unsere einheimischen Begleiter wollen das Tier zum Abendessen braten, was von Yermek aber verboten
wird. Er meint, dass Tier müsste erst ein paar Tage abhängen, sonst hätte es einen "durchschlagenden Erfolg".
Sie sollten an das letzte Mal denken. Dies führt dazu, dass sie beschließen, bis zum nächsten Frühstück zu
warten.
Beim Abendessen gibt es noch ein lautes Hallo; Yermek hatte beim Stellen des Visa Antrags herausbekommen, dass
ich heute Geburtstag habe, und hat extra eine Flasche Wein mitgeschleppt. Die wird auf die ganze Mannschaft
aufgeteilt. Er hätte besser eine Flasche Wodka mitgenommen, das wäre besser zu verteilen gewesen. Von den
Begleitern bekomme ich eine kasachische Mütze geschenkt. Nun falle ich nicht mehr als Tourist auf!
8. Tag Donnerstag
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Bei der Morgentoilette am Bach riecht man es schon; Murmeltierbraten mit Zwiebeln. Es riecht ja wirklich gut,
na ja, sollte man nicht doch mal probieren? Aber Yermeks Warnung! Dann probieren außer mir doch alle. Die
Antwort lässt keine zwei Stunden auf sich warten. Dietrich und Gunnar hat es erwischt. Sie schleppen sich den
Rest des Tages nur noch vorwärts. Komisch ist nur, dass es allen Bayern gut geht, lässt das Rückschlüsse auf
die bayrische Küche zu?
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Heute geht es nur bergab. Gegen Mittag erreichen wir die Baumgrenze, und es wird sehr viel grüner. Wir sollen
am Nachmittag von einem Bus aufgenommen werden und an den Issyk Kul See gefahren werden - es winkt die erste
Dusche seit Almaty. - Bis dahin sind es aber noch ein paar Stunden. Wir befinden uns nun im Weidegebiet der
Kirgisen, die den Sommer noch in ihren Yurten bei den Herden leben. Eine Familie möchte von uns fotografiert
werden.
Sie kann uns aber leider nicht sagen, an welche Adresse wir das Foto in der Wildnis senden sollen. Das
Familienoberhaupt meint nur, sie wären in einem Jahr wieder an der gleichen Stelle.
Am späten Nachmittag erreichen wir mit dem Hotel wieder die Zivilisation. Es ist ein ehemaliges Gästehaus der
Regierung in sehr schöner Lage direkt am See. Bevor es zum Strand geht, werden aber erst mal die Duschen
ausprobiert.
Im Hotel treffen wir zu unserer Überraschung den Wrigley Vertreter vom zweiten Tag. Er kann es nicht fassen,
dass wir so weit gelaufen sind, und lädt uns für den Abend zu einer Folkloreveranstaltung ein, die er für
Teilnehmer seiner Verkaufsschulung abhält.
9. Tag Freitag
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Der Tag ist zur freien Verfügung, wie es laut Katalogausschreibung heißt. Vom Hotel aus kann man sogar
nach Deutschland telefonieren. Da ich die offizielle Masseursabteilung des Hotels nicht in Anspruch genommen
habe, und auch die Massageangebote gewisser Damen im Hotel abgelehnt habe, leiste ich mir von dem gesparten
Geld ein Telefonat nach Deutschland.
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Wir beschließen, die um das Hotel liegende Ortschaft Komcomoa zu Fuß in Augenschein zu nehmen. Es ist
unheimlich interessant zu sehen, wie man hier lebt. Diese Armut, man sieht deutlich, dass der Zusammenbruch
der Sowjetunion zwar eine Meinungsfreiheit und ein Aufbrechen der vom System vorgegebenen Lebensformen gebracht
hat, aber wirtschaftlich ist alles zusammengebrochen. Es verfällt alles. Wir haben das Gefühl, die Leute leben
nur so vor sich hin und haben keine Aufgabe mehr, Geld haben sie schon gar keins. Ein kleiner Junge will uns
für einen Schokoladenriegel mit seinem Eselskarren durch den Ort fahren. Als er zum Schluss von jedem von uns
ein paar Süßigkeiten bekommt, werden sie auf der Ladefläche platziert, und ganz stolz durch den Ort gefahren.
Wir besuchen auch das einzige Kaufhaus des Ortes. Das kann man nicht beschreiben, das muss man gesehen haben.
Wir erstehen dort vier echte kirgisische Arbeitshüte. Die Verkäuferin strahlt über das ganze Gesicht, soviel
verkauft sie sonst im Vierteljahr nicht.
Dietrich, Gunnar und ich machen anschließend eine Wanderung am See entlang. Es ist wunderbar, der See ist 200
km lang und 70 km breit, die Luft so sauber, dass man auf der anderen Seite des Sees die Eisgipfel des Tien
Shan sehen kann. Es gibt keine Schiffe und Boote, keine Surfer, keine Uferverbauung keinen Tourismus an diesem
riesigen noch sauberen See, nur Natur mit einem sehr schönen Sandstrand. Den Nachmittag verbringen wir mit
Baden, und abends gehen einige noch in die Hoteldisco.
10. Tag Samstag
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Heute Morgen werden die Duschen ein letztes Mal strapaziert, die nächsten Tage müssen wir wieder kalt in
Bächen duschen. Wir fahren mit dem Auto 1 ½ Stunden am See entlang zum Kirgisendorf Kurmenty. Unterwegs halten
wir noch an einem Markt, um unsere Vorräte für den zweiten Teil des Trekkings aufzufüllen.
Es ist unglaublich, was hier alles verkauft wird. Am meisten beeindruckt mich ein Eisenwarenhändler. Er verkauft einfach alles,
rostige krumme Nägel, Fuchsschwänze mit nur noch ein paar Zacken zum Sägen, Werkzeug, das bei uns sogar für
ein Museum zu alt wäre, - unglaublich -.
Etwas außerhalb Kurmentys, treffen wir auf unsere schon bekannte Begleitmannschaft. Sie ist um eine Person
gewachsen, wir sind jetzt auch noch auf den Hund gekommen. Er wird zum Liebling aller werden.
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Der zweite Teil des Trekkings beginnt. Der Weg führt durch einen wahren Kräutergarten. Es duftet nach allen
möglichen wild wachsenden Kräutern. Nach 2 ½ Stunden haben wir unseren Lagerplatz an einem Bach erreicht. Den
Rest des Tages verbringt jeder auf seine Weise, was bei Gunnar bedeutet, sich mit dem Hund anzufreunden. Er
wird ihn nicht mehr los werden. Bei mir klappt das Anfreunden ebenfalls, aber auf andere Art. Er versteht sehr
schnell, dass der Ruf "Lunch Paket" zu einem besseren Essen führt, als wenn Olga ihm die Küchenreste
hinwirft.
11. Tag Sonntag
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Das Wetter ist weiterhin ausgezeichnet. Es geht heute Morgen nur bergauf bis auf den Kurmenty Pass auf 3.470 m.
Hier befindet sich die unsichtbare Grenze, und wir betreten wieder kasachisches Gebiet. Der Weiterweg ist sehr
schön. Er führt über blühende Matten, auf einen weiteren Pass, an mehreren Seen vorbei und erreicht schließlich die
Baumgrenze. Heute fällt mir besonders auf, dass wir, obwohl wir mehrere Täler betreten, absolut keine
Menschenseele in dieser weiten unberührten Landschaft treffen. Die Einsamkeit ist schon grandios. Am frühen
Abend erreichen wir auf 2.200 m Höhe den mittleren Kulsai See, wo sich unser Lagerplatz befindet. Für mich ist
es der schönste der ganzen Reise. Er erinnert mich von der Lage her irgendwie an unseren Königsee in
Berchtesgaden, nur gibt es hier keine Touristen, Boote und Verkaufskioske. Gegen Abend beginnt es zu regnen, Olga hat wieder
mal ein Essen gezaubert, es wird merklich kühler, und wir kriechen in die Zelte.
12. Tag Montag
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Als wir aufwachen, stellen wir fest, dass es auf den umliegenden Höhen geschneit hat. Außer mir wandert der
Rest der Gruppe heute zum oberen Kulsai See. Ich will den Tag zum Blumen fotografieren nutzen. Gegen Mittag
verschwinden die letzten Wolken und es herrscht eine wunderbare Stimmung am See. Die anderen treffen auch
wieder ein, und der Nachmittag dient der Erholung. Die kommende Nacht wird uns einen Sturm in Orkanstärke
bringen.
13. Tag Dienstag
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Gegen 3 Uhr, wir sind so und so wach, weil der Sturm uns das Zelt um die Ohren flattern lässt, gibt es ein
furchtbares Getöse. Der Sturm hat unser Küchenzelt umgerissen. Ich springe raus, um beim Aufbau zu helfen.
Dabei merke ich, dass es ein sehr warmer Wind ist. (In Deutschland werde ich später lesen, dass es sich um
einen heißen Orkan aus der Wüste Gobi kommend, gehandelt hat, der im Grenzgebiet zu China Verwüstungen
angerichtet hat.) Nachdem das Zelt wieder aufgebaut ist, versuche ich bis zum Morgen weiterzuschlafen. Als mir
dann der berühmte Lipton Morgentee gereicht wird, merke ich, dass er heute anders schmeckt, weniger nach Tee,
mehr nach Wodka. Der Kasache, der ihn mir gibt, grinst, wer beim Wiederaufbau geholfen hat, bekommt diese
Zugabe.
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Heute steigen wir zum unteren Kulsai See ab. Es geht zuerst zwei Stunden durch sehr glitschigen steilen
Bergwald abwärts. Vom wunderschön gelegenen See aus sind es noch zwei weitere Stunden bis zu einem kleinen
Dorf, an dessen Rand wir auf dem Gelände eines Hirten campen. Wir werden zum Tee in seine Yurte eingeladen. Es
ist beeindruckend, was seine Frau und Kinder auftischen: Schmalz-Gebackenes, Honig, Tee, Marmelade, Schmant,
Joghurt, Käse, Brot, Kuchen, Kumys (vergorene Stutenmilch.) Sie haben alles selbst hergestellt. Zu kaufen gibt
es hier absolut nichts.
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Wir schlendern durch das Dorf. Es ist ein sehr armes, meint Yermek, fast ist es ihm peinlich. Er hätte es
nicht zu erwähnen brauchen. Was wir sehen ist erschütternd. Auf meine Frage meint Yermek, dass seit dem
Zusammenbruch der UdSSR überhaupt keine Steuereinnahmen mehr ankommen. Der Ort ist einfach vergessen worden.
Die Leute leben völlig autark und müssen selbst sehen, wie sie zurechtkommen. Sie sind aber Fremden gegenüber
unheimlich freundlich. Was einmal funktioniert hat steht still. Es gab mal ein kleines Sägewerk, auch eine
Straßenbeleuchtung. Heute gibt es keinen Strom mehr, kein fließendes Wasser, keine befestigten Straßen. Wir
können nur den Kopf schütteln, sind aber froh, so etwas mal gesehen zu haben; sonst glaubt man das nicht.
Abends sind wir wieder bei unserem Gastgeber eingeladen. Er hat ein Schaf geschlachtet. Yermek meint, wir
sollten ihm für seine Gastfreundschaft was geben. Auf unsere Frage hin sagt er, insgesamt 5 $ würden reichen.
Als jeder von uns 5 $ gibt, sagt Yermek, jetzt sei er der reichste Mann im Dorf.
14. Tag Mittwoch
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Heute werden zum letzen Mal die Zelte abgebaut. Wir fahren zurück nach Almaty. Deshalb soll uns ein Bus hier
abholen. Unser Gepäck wird auf einen Pferdekarren verladen und dann geht es zur Ortsmitte, wo auch tatsächlich
ein Bus wartet, aber was für ein Baujahr!!! Trotzdem ist es für die Dorfbewohner eine außergewöhnliche
Möglichkeit, aus ihrem Ort herauszukommen, da sie sonst keine Anbindung an das Verkehrsnetz haben. Deshalb nutzen
einige die Chance und werden uns begleiten.
Die Fahrt führt anfangs über unbefestigte Pisten, später auf Asphalt, dessen Zustand trotzdem nur maximal
30 - 40 km/h zulässt, durch die kasachische Steppe. Hier und da trifft man auf kleine Ortschaften und Familien
mit ihren Tieren und Yurten. Nach zwei Stunden Fahrt erreichen wir den Charyn Canyon.
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Hier machen wir Halt und steigen in den Canyon ab. Er ist die kasachische etwas kleinere Version des Grand Canyon. Es ist sehr warm,
aber am Charyn Fluss, wo wir Mittagsrast machen, sehr angenehm. Die Landschaft ist wieder mal großartig.
Ab hier wird die Straße besser, und wir kommen schneller voran. Leider, muss man jetzt
sagen, denn nun häufen sich die Ortschaften, und wäre schöner, mal hier und dort zu halten, denn was man
während der Fahrt sieht, ist mehr als interessant. Leider fehlt uns dazu die Zeit.
Am späten Nachmittag kommen wir in Almaty an, werden wieder in dem gleichen Hotel einquartiert, und haben am
Abend noch unser Abschiedsessen in einem kasachischen Schaschlikrestaurant.
15. Tag Donnerstag
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Heute steht der ganze Tag für die Besichtigung Almatys zur Verfügung. Wir besuchen die russisch-orthodoxe
Kirche, bleiben ein paar Stunden im ethnologischen Nationalmuseum und entdecken dann die Markthallen.
Unglaublich, wie es da zugeht, und was alles verkauft wird. Eine Kühlung für Lebensmittel gibt es nicht. Das
Fleisch hängt überall in der Wärme herum, aber Yermek meint, das sei besser als bei uns.
Es sei alles am gleichen Tag geschlachtet und werde bis abends verkauft. Außerdem seien die Tiere nicht mit Antibiotika
behandelt, hätten kein Tiermehl zugefüttert bekommen und hätten kein BSE. So gesehen, denken wir nicht mehr so
schlecht über die fehlende Kühlung.
Am Abend gehen noch einige in die Disco, schlafen will keiner mehr, denn der Rückflug ist um 4:10 Uhr und um
ein Uhr nachts müssen wir schon zum Flughafen.
16. Tag Freitag
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Als wir in der Nacht am Flughafen ankommen, bewahrheitet sich der Spruch der Stewardess vom 2. Tag, der Flug
ist ausgebucht. Wir stehen dicht zusammengedrängt in einem nicht klimatisierten Raum, das Wasser läuft uns am
Körper herunter. Es dauert zwei Stunden, bis wir die Tortur der Kontrollen hinter uns haben. Neben mir steht
ein älterer Mann, der an drei Männer sage und schreibe 70.000 DM verteilt. Ich konnte mitzählen, es hat
gestimmt. Ich erinnere mich wieder an den Spruch der Stewardess - zurück fahren die mit dem Auto -.
Nachdem wir es geschafft haben, den Flieger zu erklimmen, passiert auf dem Rückflug nichts mehr Dramatisches
und gegen Mittag bin ich wieder in Frankfurt.
Fazit: Wir hatten einen sehr schönen Urlaub in einem noch nicht vom Tourismus geprägten Land mit einer fantastischen Landschaft, die mich in den Bergen teilweise an die Alpen erinnert hat, nur in viel viel
größeren Dimensionen und vor allem unbewohnt und ohne Touristen, Verkehr und Ortschaften. Die Weite der
Landschaft war großartig.
Kasachstan! Kirgistan! Ich komme wieder.
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